Kindgerechtes Bauen

Kinderfreundliche Architektur
Dabei ist kinderfreundliches Wohnen und Bauen im Ein- oder Mehrfamilienhaus weder Utopie noch unbezahlbarer Luxus. Es ist lediglich eine Einstellungsfrage. Kinderfreundliche Architektur bedeutet, daß sich der Lebensraum von Kindern nicht allein auf das Kinderzimmer reduziert. Die Kleinen wollen die Welt entdecken, überall dort sein, wo sich das Leben der Großen abspielt, also auch in der Küche oder im Wohnzimmer.
Es ist nicht damit getan, mehr Platz für die Kinder zu schaffen, indem man die Kinderzimmer vergrößert. Wichtig ist das stimmige Umfeld, denn vor allem Kleinkinder brauchen den Kontakt zur Mutter oder zum Vater. Die ganze Wohnung muß für groß und klein ein Wohnbereich sein. Und in die Planung muß natürlich auch die Gestaltung des Außenbereichs wie das Umfeld in der näheren Umgebung der Wohnung oder des Hauses einbezogen werden.
Wir erarbeiten gemeinsam mit Ihnen eine familiengerechte Gestaltung des Innen- und Außenbereichs der Wohnung, die den Bedürfnissen der Familienmitgliedern in den verschiedenen Lebensphasen Rechnung trägt. Die Qualitäten der altbewährten Wohnküche als Gemeinschafts- und Allzweckraum rücken allmählich wieder ins Bewußtsein. Ist die Küche mit dem Eßplatz oder der Eßdiele verbunden, entsteht ein Mittelpunkt für die ganze Familie. In diesem Zentrum spielt sich das tägliche Leben ab: Kochen, Lernen, Spielen, Reden, Basteln.
Viel zu oft wird die Diele zum reinen Durchgangsraum degradiert, in der allenfalls Garderobenständer und Spiegel plaziert werden. Eine große Diele, an der alle Räume liegen, kann aber auch zugleich Spielfläche für Kinder sein, vor allem wenn Sichtkontakt zur Wohnküche besteht. Noch besser ist es, wenn die Wohnküche oder Wohndiele mit dem Garten oder einem Balkon verbunden ist.
Kinderfreundlich bauen heißt auch, daß Kinder einen Raum erhalten, in dem sie ungestört spielen und für sich sein können. Ein Kinderzimmer sollte mindestens 12 qm groß sein. Außer Bett, Tisch und Regal, die einen festen Platz haben, sollte im Kinderzimmer noch Freiraum übrig bleiben. Fehlt dieser in kleinen Zimmern, kann durch den Einbau eines Hochbetts ein kleines Reich zum Spielen entstehen.
Kinderfreundlich heißt aber nicht elternfeindlich.
Wie Kinder brauchen auch Eltern ihren Freiraum, einen Platz zum Lesen, zum Entspannen oder zum Reden mit Gästen. Das Wohnzimmer ist ein Gemeinschaftsraum und darf nicht zum Spielzimmer umfunktioniert werden, das die Eltern abends mühselig freigeschaufeln müssen.

Wohnen fängt vor der Haustüre an
Durch Zugangsbereiche, Terrassen oder Wege erweitert sich der Wohnraum in den Garten. Gerade für Kinder sind diese Übergangszonen zwischen drinnen und draußen wichtig. Bei geeigneter Gestaltung können sich Kinder hier fast das ganze Jahr über aufhalten. An heißen Sommertagen ist ein überdachter Vorbereich ein idealer schattiger Freiplatz zum Verweilen und Spielen. An kühleren Tagen bietet derselbe Bereich Schutz vor Wind und Regen. Auf einem Holzdeck oder einer Terrasse können Kinder auch im Frühjahr oder Herbst auf dem Boden spielen.
Maßstab für kindgerechtes Wohnen und Bauen ist sicherlich auch das weitere Wohnumfeld: Hier unternehmen Kinder die ersten Entdeckungsreisen außerhalb der Grundstücksgrenzen, hier besuchen sie Kindergärten und Schulen. Schon beim Kauf eines Hauses, einer Wohnung oder eines Baugrundstücks sollte man an die Wege zu Kindergärten oder Schulen denken, es sei denn, man will später den Chauffeur für seine Kinder spielen.

Den Grundriß neutral gestalten
Kinder werden größer und beanspruchen mehr Raum, später gehen sie aus dem Haus. Die Wohnbedürfnisse der Familie ändern sich. Bei Kleinkindern empfiehlt es sich, das Kinderzimmer in hörbare Nähe zum Elternschlafzimmer zu legen. Dagegen wünschen sich Jugendliche die räumliche Distanz zum Elternbereich, Besuche von Freunden oder laute Musik stören dann die anderen Hausbewohner weniger. Es ist also wichtig, nicht nur für den Zeitraum zu planen, in dem die Kinder klein sind, sondern auch längerfristige Entwicklungen in der Familie zu berücksichtigen.
Eine geeignete Grundrißgestaltung ermöglicht eine Anpassung an die sich ändernden Wohnbedürfnisse. Ein neutraler Grundriß mit gleichartigen Räumen ohne Hierarchie schafft Umzugsmöglichkeiten im eigenen Haus. Die Bewohner können die Räume bei Bedarf untereinander tauschen, umgruppieren oder bei veränderter Nutzung umwandeln.

Ein weiterer Aspekt bei der Hausplanung ist die Mehrgenerationen-Nutzung. Irgendwann gehen die Kinder ihre eigenen Wege. Das Haus, das Platz für eine mehrköpfige Familie geboten hat, wird wieder zu zweit bewohnt und ist dann vielleicht zu groß. Mehrere Lebensgemeinschaften könnten sich den vorhandenen Wohnraum teilen, vorausgesetzt er läßt sich in separate Einheiten aufgliedern. Solche Aufteilungsmöglichkeiten lassen sich vom Architekten von vornherein einplanen, so daß in späteren Jahren erheblich Geld eingespart werden kann.
Sind mehrere Eingänge und Sanitärräume vorhanden, kann man bei geeigneter Konstruktion und entsprechendem Schallschutz zusammenhängende Räume relativ einfach als abgeschlossene Einheiten abteilen oder umgekehrt wieder zuschalten. Dabei lassen sich verschiedene Formen des Zusammenlebens verwirklichen, mal mehr, mal weniger eng – etwa mit gemeinsamer Küche und Eßzimmer oder ohne. Natürlich gilt dies nicht nur für mehrere Generationen unter einem Dach, sondern immer dann, wenn Einzelpersonen oder Gruppen mit unterschiedlichen Bedürfnissen in einem Haus wohnen möchten.
Auch hier ist es von Vorteil, wenn Individualräume annähernd die gleiche Größe haben. Eltern- und Kinderzimmer mit etwa 15 qm können von nachfolgenden Bewohnern ihren Bedürfnissen entsprechend aufgeteilt werden.

Die Baumaterialien klug wählen
Kinderfreundliches Bauen ist nicht teurer als Bauen nach konventionellen Maßstäben. Wer beim Innenausbau auf aufwendige Materialien verzichtet, kann Geld sparen. Industrieparkett aus Hochkantlamellen zum Beispiel ist sehr preisgünstig und strapazierfähig. Es eignet sich für die stark beanspruchten Fußböden in Gemeinschaftsräumen, Flur oder Kinderzimmern.
Die Auswahl naturbelassener, warmer Materialien spart aber nicht nur Kosten, sondern trägt auch zu einer natürlichen Umgebung bei. Vor allem aber zahlt es sich aus, wenn ein Wandel der Wohnbedürfnisse vorgedacht wird und diese Überlegungen in die Planung einfließen. Gemeinsam mit unserem Büro kann so ein individuelles Gesamtkonzept entwickelt werden. Wir entwickeln mit Ihnen einen Grundriß, der Nutzungsalternativen zuläßt; außerdem können spätere An- oder Umbaumöglichkeiten vorgesehen werden. Nur mit solch einer sorgfältigen Planung können die Kosten minimiert werden.

Quelle: Architektenkammer Baden-Württemberg